"Man nennt etwas Information und meint Voyeurismus, man bezeichnet Denkverbote als «Political Correctness», man verwechselt Ungleichbehandlung mit Diskriminierung. Die Boulevard-Medien tun sich in solcher oft schlicht falscher Terminologie besonders hervor. Gleichzeitig gelingt es der politischen Linken besser als den Liberalen, die Lufthoheit über die Sprache zu besetzen. Damit hat man sich schon fast abgefunden. "
Ich steh ja auf dem Standpunkt, nur ich darf schlampig mit Sprache umgehen, weil ich weiss eh nicht, was ich sagen will, und wenns andere tun, dann werd ich einfach nur wütend und dann laut und alle sagen, Du verlierst Herzblut, aber das nützt nichts, solange Du Dich nicht klarer ausdrückst. Haha, Teufelskreis.
"Die reichlich unbedachte Übernahme der Begriffe «Steuergeschenke» (beim Wohneigentumspaket) und «Rentenklau» (nach dem Platzen der New-Economy-Blase) durch bürgerliche Politiker zeigt, dass diesen offenbar der Eigentumsbegriff abhanden gekommen ist. Schenken kann man nur, was einem gehört, «klauen» nur, was anderen gehört. Doch weder «gehören» die Steuern (zumal in heutiger Höhe) dem Staat, noch kann man beim Kapitaldeckungsverfahren einen garantierten Anspruch auf Leistungen postulieren, obwohl zuzugeben ist, dass die Versicherungen mit Intransparenz und ungeschickter Anlagepolitik die populistische Übertreibung geradezu provoziert haben. Selbsttäuschung oder gefährliches Nachplappern kommt ferner im Begriff «Generationenvertrag» in der Altersvorsorge zum Ausdruck. Es fehlt diesem «Vertrag» nämlich der explizite Wille beider Seiten und eine gewisse Gleichgewichtigkeit. Dennoch wagt es niemand so recht, das Ausnehmen der Jüngeren durch die Älteren in diesem Bereich - von der Finanzpolitik ganz zu schweigen - als das zu bezeichnen und anzuprangern."
Und dann sagen alle immer, ich sei idealistisch oder ideologisch, je nach Präferenz, als ob das einfach so ginge.
"Auch hinter dem Versuch, den Begriff «Eigenverantwortung» nur auf jene anzuwenden, denen die Sorge für sich und die Ihren finanziell, intellektuell und mental leicht fällt, versteckt sich politische Absicht. Liberale verstehen das Postulat der Eigenverantwortung jedenfalls umfassender. Nur völlig ungenügende Leistungsfähigkeit, nicht relative Leistungsschwäche oder mangelnder Leistungswille, rechtfertigt dann eine Unterstützung durch die Gemeinschaft. Über all diesen Umdeutungen der Sprache thront schliesslich das Verwirrspiel um Gleichheit und Gerechtigkeit. "
Ich will auch schreiben können. Heute mal wieder durch und durch Ichbezogen.
NZZ vom 35.9.2004 archiviert bei
zeitwende